-
2008
2011
Zurück
Kategorie
RitualTAG
WO
Ligornetto (Mendrisio), Ticino - Schweiz
WANN
Josephstag, 19. März
WER
Josephsfest in Ligornetto
(San Giüsèpp)
Die Gemeinde Ligornetto befindet sich in der Nähe des Monte San Giorgio (seit 2003 eingetragen in die Liste der Welterbestätten der UNESCO) und liegt in der Campagna Adorna, im Bezirk Mendrisio fern von den großen Verkehrsstraßen. In den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hat das Dorf sein Aussehen durch die industrielle Expansion und die Zunahme neuer Wohngebäude verändert. Trotzdem wird das Land noch immer zum Teil von Familien bewirtschaftet, die sich dem Primärsektor widmen. Zahlreich sind Winzerbetriebe, die international renommierte Weine erzeugen, während von der intensiven Seidenraupenzucht und dem Tabakanbau keine Spur mehr bleibt. Ligornetto ist auch ein Künstlerdorf: es ist die Heimat des Bildhauers Vincenzo Vela (1820-1891) und von Apollonio Pessina (1879-1958), einem Bildhauer und Maler.
Jedes Jahr wenn der Frühling kommt, findet auf dem Kirchplatz des Oratoriums San Giuseppe das Josephsfest statt. Der diesem Heiligen gewidmete Kult wurde erst nach der Gegenreform eingeführt (das Oratorium ist seit 844 urkundlich erwähnt und war zuvor Maria Schnee gewidmet). Die Ankunft einer Holzstatue des Heiligen Joseph liegt zwischen 1705 und 1720, sie war ein Geschenk von Auswanderern aus Ligornetto und Rancate, die in den Provinzen Pavia und Vercelli sowie im Monferrato vor allem als Maurer, Stuckateure und Steinmetze arbeiten.
Das Fest erfolgt in drei voneinander getrennten Abschnitten: Novene (neun Gottesdienste am frühen Morgen), Feuer am Vorabend (das eine Attraktion sowohl für die Einwohner als auch für Besucher, die aus dem gesamten Bezirk Mendrisio und aus der nahen Umgebung von Varese kommen), und der feierliche Gottesdienst in die.
Der Aufbau des Scheiterhaufens für das Feuer am Vorabend ist Aufgabe der Männer, denen die Kinder und Jungen helfen, die vor allem früher von Haus zu Haus sowohl in Ligornetto als auch im nahen Rancate gingen, um Brennmaterial zu sammeln. Das Sammeln von Rebschößlingen, Stoppeln und Reisigbündeln wurde von einer laut gerufenen Aufforderung begleitet: "Hallo, hallo gebt uns das Holz wir machen das Feuer!"
Zehn Tage vor dem Fest (zurzeit normalerweise an einem Freitagabend) gehen einige Männer in den Wald, um den Baum zu stehlen, der das Skelett des Scheiterhaufens darstellen soll. Dieser Auftrag ist geheim und läuft in vollkommener Stille ab. Nach dem Schlagen wird der Baum zu einer Lichtung getragen, um vom Laub befreit zu werden, nur das Büschel an der Spitze bleibt. Der Scheiterhaufen wird auf dem Kirchplatz aufgeschichtet, wobei man einem festen Schema folgt: in der Mitte steht der in ein Loch gepflanzte Baum, drumherum fest zusammengebunden Holz, Reisig, Rebschößlinge und andere unbrauchbare Gegenstände, schließlich ein Stuhl oder ein Tragekorb. Das Feuer wird von Feuerwerk, Knallfröschen und Böllern begleitet.
Bis vor einigen Jahrzehnten betrachteten die Bauern die Flammen, um daraus Vorzeichen für den Verlauf der landwirtschaftlichen Saison zu deuten. Wenn die Flammen den Stuhl auf der Spitze umzüngelten, konnte man eine günstige Saison erwarten. Früher wurden die Reste des verkohlten Baumes am Morgen des Feiertags versteigert, der Ertrag ging an die Kirche. Der Gewinner hatte die Pflicht, ihn zusammen mit der Asche vom Kirchplatz zu bringen.
Am Festtag werden an Ständen Wurstwaren, Käse, Süßwaren, Spielzeug usw. verkauft, früher gab es außer Süßwaren vor allem Saat für die bevorstehende Wiederinbetriebnahme der Gemüsegärten. Unter den typischen süßen Spezialitäten des Festes ist auch noch heute Schmalzgebäck, dass im Dialekt "Turtéi da San Giüsèpp" heißt und "Sprèll", eine Art in Würfel oder Streifen geschnittenes frittierter süßes Gebäck. Diese Süßwaren sind so allgemein verbreitet, dass man vor allem früher in den Tagen der Novene ihren Duft auf den Straßen riechen konnte, da er praktisch aus jedem Haus strömte.
LERNEN UND WEITERGABE
Übermittlung von Generation zu Generation. Die Bekanntmachung erfolgt vor allem durch Mundpropaganda und außerdem durch einige Hinweise in der Presse.
GEMEINSCHAFT
Am Josephsfest in Ligornetto nehmen vor allem die Einwohner teil, aber es sind oft auch Personen aus anderen Gemeinden um Mendrisio und aus der nahen Provinz Varese anwesend.
Weitere Informationen
Bibliographie
Fontana Editore 2004
Tipografia Stucchi 1967
Pedrazzini 1990
Comune di Ligornetto
Autor der Karteikarte
SVIZZERA Canton Ticino - Centro di Dialettologia e di Etnografia - Giovanna Ceccarelli
Wissenschaftlicher Leiter
Giovanna Ceccarelli
Veröffentlichungsdatum
21-LUG-2015 (Giovanna Ceccarelli)
TweetVon der Community
Erzählen Sie