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    Eisfischen am Ammersee 1929 - Fischereigenossenschaft Ammersee
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    Die Fischereigenossenschaft Ammersee an St. Peter und Paul 1935 - Fischereigenossenschaft Ammersee
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    Räuchern von Kilchen "beim Lari" in St. Alban am Ammersee, ca. 1940 - Fischereigenossenschaft Ammersee
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    Fischer am Ammersee, ca. 1950 - Fischereigenossenschaft Ammersee
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    Eisfischen am Ammersee 1952 - Fischereigenossenschaft Ammersee
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    Fischer Johann Rieger am Walchensee - Florian Ortanderl
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    6 Uhr morgens am Walchensee - Florian Ortanderl
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    Die Fischereigenossenschaft Ammersee feiert St. Peter und Paul im Gasthaus Unterbräu - Florian Ortanderl
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    Die Fischereigenossenschaft an St. Peter und Paul vor dem Gasthaus Unterbräu - Florian Ortanderl
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    Räuchern in der Fischerei Rieger - Florian Ortanderl
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    2018

Die Seenfischerei in Oberbayern

Die Fischerei an den Oberbayerischen Seen ist als traditionelles Handwerk ein Kulturgut, das seit mehreren hundert Jahren von Generation zu Generation weitergegeben und heute von noch ca. 120 Fischerfamilien ausgeübt wird. Oft wird ein beträchtlicher Teil des Familieneinkommens durch die Fischerei erworben, teilweise auch ein eigener Laden betrieben, der zum Teil durch den Verleih von Booten und Surfbrettern und die Ausgabe von Angelkarten ergänzt wird.
Abgesehen von den Neuerungen der Bootsmotoren und Kunststoffnetze hat sich das Handwerk in seiner äußeren Erscheinungsform seit dem Mittelalter nicht verändert: Die Fische werden mit den gleichen traditionellen Fangmethoden in Stellnetzen und Reusen, und teilweise noch mit Zugnetzen gefangen.
Der größte Teil der Fischerei wird mit Stellnetzen betrieben: dazu bringen die Fischer am Vortag die Netze aus und fahren frühmorgens auf den See, um die darin verfangenen Fische einzusammeln. Wo die Netze ausgebracht werden, können die Fischer unter Beachtung einiger Regeln selbst bestimmen und verlassen sich dabei auf ihre Erfahrung.
Der Fangplatz und die Maschengröße der Netze bestimmt die gefangene Fischart: Für Renken wird ein relativ feinmaschiges Netz aus dünnem Garn verwendet, das im offenen Gewässer mit Bojen verankert und von Schwimmern gehalten wird, mit deren Hilfe sich die Höhe einstellen lässt. Im Frühjahr kommen die Fische mit dem Anwachsen von Plankton aus der Tiefe nach oben und die Fischer müssen abschätzen, auf welcher Höhe sie sich aktuell befinden -  dabei helfen Erfahrungswerte und die Kontinuität des täglichen Fangs.  Für die Zanderfischerei werden ungefähr doppelt so große Maschen und stärkeres Garn verwendet. Die Hechtfischerei wird mit anderen Netzen, die bis zum Boden reichen, in der Nähe des Ufers betrieben. Der Beifang, also einzelne andere Fische, beispielsweise Saiblinge, die in den Netzen mitgefangen werden, werden ebenfalls vermarktet, die Beifang-Quote ist bei dieser Art der Fischerei jedoch sehr gering.
Neben der Fischerei mit Netzen wird auch mit Reusen nach Aalen, Barschen und Krebsen gefischt. Während die Fischerei nach Krebsen in den vergangenen Jahrzehnten durch das Aussterben der heimischen Krebse durch die Krebspest fast verschwunden war, beginnen die Fischer an mehreren Seen nun die eingewanderten, amerikanischen Krebse zu fischen und eine entsprechende Vermarktungsstruktur aufzubauen.
Die Maschenweite bestimmt auch die Nachhaltigkeit der Fischerei – die Maschen müssen groß genug gewählt werden, um die jüngeren Fische, die noch nie gelaicht haben, hindurchschwimmen zu lassen. Die Nachhaltigkeit der Fischerei war für die Fischer eines Sees schon immer eine Notwendigkeit, um ihre Lebensgrundlage zu erhalten. Nachhaltigkeit ist somit für die Fischer kein Schlagwort, sondern eine seit Generationen gelebte Wirklichkeit. Um dies sicherzustellen wird an allen oberbayerischen Seen regelmäßig, am Ammersee beispielsweise einmal im Monat eine Überprüfung der gefangenen Fische vorgenommen: Anhand der Jahresringe an den Schuppen wird das Alter der Fische bestimmt. Falls dabei zu junge Fische gefangen werden, wird innerhalb einer Woche die Maschenweite für alle Fischer des Sees durch einen Beschluss der Genossenschaft geändert. Dieser Mechanismus stammt aus der Zeit der Zunft und gewährleitstet eine schnelle und flexible Anpassung des Fischfangs an die Bed ingungen. Diese Eigenkontrolle funktioniert so gut, dass sie auch bei den heutigen Verhandlungen zwischen der Genossenschaft am Ammersee und dem Freistaat Bayern um den Pachtvertrag, noch nie zur Diskussion stand.
Diese Möglichkeit liegt aber nicht überall vor: Ein Gegenbeispiel ist der Bodensee, an dem die Fangbedingungen zwischen den anliegenden Ländern ausgehandelt werden müssen und die Fischer derzeitig mit schwindenden Erträgen zu kämpfen haben, da sie mit ihrer verordneten Maschengröße an den Beständen vorbei fischen. Diese Maschengröße war zu Zeiten der Eutrophierung auf größere Fische zugeschnitten, seitdem sind die Fische wieder deutlich kleiner geworden – die historischen Dokumente vom Ammersee zeigen, dass die Fische im Mittelalter auch ungefähr so groß waren wie heute.
Die Fischerei weist eine natürliche Saisonalität auf. Die Saison für den Fang von Renken beginnt an den meisten Seen im April und dauert bis Ende September oder Mitte Oktober. Die Fischer am Ammersee hören zwei Wochen vor der offiziellen Schonzeit auf, Renken zu fischen, da sie festgestellt haben, dass es besser ist die Schwärme in Hinblick auf die Laichzeit schon früher in Ruhe zu lassen. Danach beginnt die Zanderfischerei, die während dem Sommer kaum betrieben wird und meist bis März betrieben wird. Andere Fischer fischen zudem im März und April Hechte.
Die Fischbestände an den oberbayerischen Seen werden durch Besatz gesichert: dabei werden z.B. die Fische ausgebrütet und im See in Käfigen im See großgezogen. Sie ernähren sich dabei mit dem Plankton aus dem See und sind während der ersten Lebensphase vor Räubern und anderen Gefahren geschützt. Durch den Besatz kann zwar nicht der Ertrag der Fischerei gesteigert werden – dafür spielen zu viele andere, natürliche Faktoren eine Rolle, er dient jedoch dazu einen Elterntierbestand zu garantieren, falls sich in einem Jahr die im See gelegten Eier nicht entwickeln können.
Die gefangenen Fische werden möglichst schnell an Land gebracht und verarbeitet. Dazu gehört das Schuppen, Ausnehmen und Filetieren der Fische Die weitere Vermarktung ist ein häufig diskutiertes Thema, bei dem sich zwei verschiedene Ansätze gegenüberstehen: Aufgrund der großen Fangmengen zu Zeiten der Eutrophierung haben viele Fischer am Ende der 80er Jahre angefangen, ihren Fang über den Großhandel Deutschlandweit zu vermarkten. Durch den Rückgang der Fangmengen seit den 90er Jahren sind die Fischer teilweise dazu zurückgekehrt, den Fang über ein kleines Netzwerk und teilweise einen eigenen Laden direkt an die Gastronomie und Endverbraucher in der Region zu verkaufen. Durch den Aufschwung der gesellschaftlichen Wertschätzung regionaler Lebensmittel, können einige Fischer auch direkt die Theken regionaler Supermärkte mit frischem Fisch und vakuumierten Filets beliefern. Vor allem einige Fischer der älteren Generation haben jedoch an den alten Vermarktungsstrukturen festgehalten. Je nachdem in welchem Netz er landet, kann der gleiche Fisch also in einem Restaurant mit Seeblick als fangfrische, lokale Spezialität oder als gefrorenes Großhandelsprodukt gekauft werden. Da für diese beiden Arten der Vermarktung unterschiedliche Prioritäten hinsichtlich Menge und Qualität gesetzt werden, spiegelt sich dieser Unterschied mitunter auch in den Abstimmungen um Netzlänge und Maschengröße wieder.
An fast allen Seen w i r d der Fisch auch von den Fischern selbst geräuchert. Die Familie Rieger macht dies am Walchensee hauptsächlich, wenn sie Bestellungen für geräucherten Fisch erhält, oder wenn ein sehr großer Fang eingeholt wurde, sodass nicht alle Fische frisch verkauft werden können. Dr. Bernhard Ernst berichtet vom Ammersee, dass dort nicht notwendigerweise geräuchert wird um den Fisch haltbar zu machen, sondern weil Nachfrage nach der traditionellen Delikatesse besteht. Je fetter der Fisch ist, umso besser eignet er sich zum Räuchern. An einigen Seen, beispielsweise dem Tegernsee, Chiemsee und dem Königssee, werden dazu noch die historischen Räucherhäuser benutzt.
Der Arbeitstag der Fischer umfasst auch die Vorbereitung für den nächsten Tag, die Fanggeräte werden geordnet, falls notwendig repariert oder ausgetauscht und im letzten Tageslicht erneut ausgebraucht. Die Anfertigung von neuen Netzen und die Instandhaltung des Bootes, Stegs, der Fischerhütten und Räucherhäuser wird vor allem im Winter vorgenommen.
Seit dem 19. Jahrhundert ging die Anzahl der Seenfischer in Oberbayern kontinuierlich zurück, auch das 20. Jahrhundert erschwerte die Erwerbsfischerei durch den Verbau von Flüssen und die Belastung der Gewässer. Obwohl der Beruf schwere Handarbeit und eine schwierige Ertragslage bot, konnte die Fischerei an den oberbayerischen Seen, vermutlich auch durch die Möglichkeit der zusätzlichen Einkommen an den touristisch stark frequentieren Seen, erhalten. In den 1980er Jahren wurden durch die Eutrophierung und einem entsprechenden Anwachsen der Fischbestände sogar Höchsterträge erzielt, die seitdem wieder zurückgegangen sind. Aufgrund einer Zunahme der Nachfrage nach frischen, regionalen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln in den letzten Jahren stehen die Berufsaussichten jedoch gut.  

HISTORISCH-KRITISCHE ANMERKUNGEN

Die ersten Spuren der Fischerei an den oberbayerischen Seen reichen weit zurück: Es wird davon ausgegangen, dass bereits die Kelten, die in der vorrömischen Eisenzeit die Gegend um die Seen besiedelten, Fische aus dem See fingen.
Am Ammersee findet sich der erste urkundliche Hinweis auf die Fischerei im Jahr 1150: Die Grafen von Andechs und Dießen übertragen damals die Fischereirechte des Ammersees an die Chorherren des neu gegründeten Klosters Dießen. Die Mönche fischten nicht selbst, sondern gaben das Recht gegen Abgaben und Auflagen an Lehensnehmer weiter. Noch im 12. Jahrhundert wurden auch Allmend-Rechte ausgesprochen, damit sich die Bevölkerung ernähren konnte. Vor allem zu Zeiten der Not und des Kriegs erfuhr die Fischerei am Ammersee großen Aufschwung. Zu Zeiten des 30-jährigen Kriegs wurden über 300 Fischer am See gezählt.
Dies führte dazu, dass sich die alteingesessenen Berufsfischer zusammenschlossen, um den „Stimplern“ das Handwerk zu legen – sie gründeten gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine Zunft, die 1691 vom Königlichen Hofküchenamt anerkannt wurde. Zunächst wollte dieses den Zusammenschluss zu einer Zunft verhindern, da eine „gesteigerte Widersetzlichkeit“ der organisierten Fischer befürchtet wurde. Letztendlich wurde der Gründung zugestimmt, um sich königliche Vorkaufsrechte für Edelfische zu sichern. Der Zunftbrief, der im Original erhalten ist, verordnet außerdem viele Kontrollbefugnisse des Seerichters, spricht den Fischern aber im Gegenzug eine klare rechtliche Stellung zu und enthält Bestimmungen über Angelegenheiten wie Handwerksgottesdienste und Seelenmessen. Die Zunft hatte also auch eine religiöse und gesellschaftliche Funktion.
Angeschlossen an die Zunft war zudem eine Bruderschaft, der auch fördernde Mitglieder beitreten durften, die nicht der Zunft angehörten. Diese Brüder und Schwestern durften gegen eine Aufnahmegebühr und einen Jahresbeitrag ausschließlich an den religiösen Zeremonien teilnehmen. Die Bedeutung der Fischerzunft in der Marktgemeinde Dießen zeigt sich in dem Umstand, dass der Bruderschaft mehr fördernde Mitglieder als Fischer angehörten. Im Rahmen der Säkularisation im Jahr 1803 wurde das Seerichteramt in Dießen aufgehoben, und die Dießener Klosterfischrechte mit den Gemeinrechten vereint: Die Fischerei auf dem Südteil des Ammersees stand nun allen Fischern frei. Noch 1830 waren im Fischwasserkataster die Fischer als die „einzig Fischereiberechtigten im Ammersee anerkannt“. Zu diesen Rechten gehörten außerdem das Jagdrecht auf Wasservögel und das Recht auf Schifffahrt, um Fahrgäste über den See zu transportieren - vor allem die Übersetzung von Pilgern von Utting zum Kloster Andechs, aber auch Ausflugsfahrten der Sommerfrischler stellten für viele Fischer einen willkommenen Nebenverdienst dar.
Während der Revolution stieß der bayerische König viele Rechte von sich, um Frieden im Land zu wahren -  die Fischereirechte landeten jedoch auf ungeklärte Weise beim Freistaat und die Fischer wurden in ein Pachtverhältnis gedrängt. Dieser Rechtsverlust ging für die Fischer zumindest mit der Entlastung einher, dass dadurch auch die königlichen Vorkaufsrechte verfielen. Am Walchensee, Kochelsee und Staffelsee sind die Fischer nach wie vor Eigentümer der Fischereirechte und verfügen teilweise noch historische Urkunden, die dies belegen.

LERNEN UND WEITERGABE

Fischerei ist ein Ausbildungsberuf nach dem dualen Ausbildungssystem. Die Lehre zum Gesellen dauert in der Regel drei Jahre und endet mit der Ausstellung des Gesellenbriefs. Danach muss drei Jahre als Geselle gearbeitet werden, bevor die zwei Jahre umfassende Weiterbildung zum Meister angetreten werden kann, an deren Ende die Meisterprüfung abgelegt wird. Der Beruf wird sowohl von Frauen als auch von Männern erlernt.
Zu Zeiten der Zunft konnte nur ein ehelicher Fischersohn mit gutem Leumund Lehrling werden und es wurden auch fast ausnahmslos Fischersöhne als Meister aufgenommen. Auch heute findet die Ausbildung der Fischer zum überwiegenden Teil im eigenen Familienbetrieb statt: Am Ammersee gab es in den letzten 400 Jahren nur eine Handvoll Lehrlinge, die von außerhalb stammten. Bei kinderlosen Fischern wurde das Fischrecht oft von einem Nachkommen der anderen Fischerfamilien übernommen. Auch wurde in den Fischerfamilien viel untereinander geheiratet – die geselligen Teile der Zunftversammlungen boten neben Tanz und Freibier auch eine gute Möglichkeit zur Brautschau. Da aber die Fischrechte heute vom Freistaat Bayern gepachtet werden, ist es prinzipiell möglich, dass ein „Auswärtiger” ein Fischrecht übernimmt, es ist jedoch nach wie vor sehr selten. Das Wissen wird fast ausschließlich innerhalb der Familien weitergegeben. Auf diese Weise können einerseits die alten Strukturen erhalten werden, andererseits liegt die Fischerei teilweise brach, wenn die Nachkommen der Familie andere Karrierewege wählen. 

GEMEINSCHAFT

Die Fischer an den oberbayerischen Seen sind heute meist in einer Genossenschaft organisiert, die aus der ehemaligen Zunft hervorging. Die Fischer am Starnberger See waren hingegen vormals direkt dem König unterstellt, sind heute aber auch in einer Genossenschaft organisiert. Während sich die einzelner Fischer hauptsächlich den Fischern ihres jeweiligen Sees zugehörig fühlen, empfinden sie auch die Fischer der anderen Seen als Träger des gleichen Kulturerbes.
Die Fischerzunft am Ammersee wurde die im Jahre 1691 im Vergleich zu anderen Handwerkszünften spät gegründet, bestand jedoch dafür sehr lange. Obwohl die Zünfte offiziell abgeschafft wurden und sich die Genossenschaft heute nicht mehr so nennen darf, existiert die Zunft nach Aussage der Fischer bis heute – durch ihre Gemeinschaft und Ihre Regeln. Die Genossenschaft am Ammersee ist eine Hegegemeinschaft, da sie ihren Fang nicht gemeinsam vermarkten, aber die Bewirtschaftung des Sees einer Gemeinsamkeit unterstellt wird. Im Rahmen der Gesetze regelt die Genossenschaft die Fischerei auf dem See selbst – unter anderem die Netzlänge, die Maschenweite und die Anzahl der Reusen, die verwendet werden dürfen. Alle Fischer der Genossenschaft haben gleiches Fangrecht und gleiches Stimmrecht bei den Versammlungen.  Aus Zeiten der Zunft stammt auch die eigene Gerichtsbarkeit: Falls sich ein Fischer nicht an die Absprachen hält, kann die Genossenschaft Geldstrafen und Seeverbote aussprechen. Auch die eigene Gerichtsbarkeit war noch nie Gegenstand der Pachtverhandlungen. Die Genossenschaft am Chiemsee ist sehr ähnlich organisiert.
Unter den Fischern wurde bis vor ca. 50 Jahren auch eigene Sprache bzw. eigene Begriffe verwendet, die heute in Vergessenheit geraten ist, die aber teils auch durch Tonaufnahmen belegt ist.
Ein wichtiger Termin für die Genossenschaft im Jahresverlauf ist das Fest „Peter und Paul“ am 29. Juni, dessen Ablauf sich seit 400 Jahren kaum verändert hat, da die Gemeinschaft dieses religiöse Fest als wichtig empfindet und in seiner Form bewahren will. Früher wurden zu diesem Tag auch wichtige Entscheidungen der Zunft getroffen, heute ist Peter und Paul jedoch ein rein repräsentativer Termin, bei dem auch Vertreter der Ämter und Behörden eingeladen werden. Zur Entscheidungsfindung der Genossenschaft wird am Anfang jeden Jahres eine strikt interne Jahreshauptversammlung einberufen. Auf dieser Versammlung, die auch schon zu Zeiten der Zunft vorgesehen war, werden alle Regeln und aktuellen Themen besprochen. Die Entscheidungen werden demokratisch abgestimmt und die getroffenen Beschlüsse sind bindend für alle Mitglieder der Genossenschaft. Laut Herrn Dr. Bernhard Ernst ist diese Versammlung, was die Genossenschaft zeitgemäß und am Leben hält. 

FÖRDERMASSNAHMEN

Bei der regionalen Vermarktung wird bisher auf Bio- oder Qualitätssiegel verzichtet – stattdessen steht der Name des Fischers selbst als Gütesiegel am eigenen Laden oder in der Speisekarte der belieferten Gastronomen. Laut Dr. Ernst erhalten dadurch sowohl der Fischer als auch der Wirt den größten Nutzen, es funktioniert jedoch nur bei Vermarktung in kleinen Strukturen. Größtes Alleinstellungsmerkmal ist dabei die Qualität und die Frische, weswegen es notwendig ist die Fische schnell einzubringen zu verarbeiten und an die Gastronomie und die Endverbraucher weiterzugeben.

SCHUTZMASSNAHMEN

Die Genossenschaft oberbayerischer Berufsfischer und Teichwirte ist eine übergeordnete Organisation zur Interessensvertretung gegenüber Politik, Öffentlichkeit und Behörden, bei der sich die Genossenschaften der Karpfenteichwirte, der Forellenteichwirte und der Seenfischer zusammenschlossen, um gemeinsam mehr bewirken zu können. Dennoch würden sich viele Fischer eine noch stärkere Interessensvertretung wünschen: Zu oft noch wird in Medien und Politik die Seenfischerei vergessen oder nicht hinreichend von der globalen Überfischung differenziert.

Weitere Informationen

Bibliographie

  • Seelos Gebhard
    Die Fischereirechtsverhältnisse auf dem Ammersee
  • Höfling Paul, Gebhard Torsten
    Die Chiemsee-Fischerei
    Institut für Volkskunde 1987
  • Fischereigenossenschaft Ammersee
    300 Jahre Fischerzunft am Ammersee
  • Hellerer Friedrike
    Die Herrschinger Fischer
    Herausgegeben durch die Gemeinde Herrsching 2014
  • Ernst Bernhard, Gastl Paul
    Fischer & Teichwirt - Ein Blick in die Geschichte der Ammerseefischer
    Verband Bayerischer Berufsfischer e.V. 2016

Materielle kulturgüter

Rund um den Ammersee sind noch viele der alten Fischerhäuser erhalten, auf die auch die Fischereirechte ausgestellt waren. Paul Gastl, Fischereimeister aus Dießen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Historie eines jeden Hauses zu rekonstruieren: Die alten Hausnamen, wer zu welchem Zeitpunkt das Fischereirecht ausgeübt hat und welche Streitereien und Seestrafen dokumentiert wurden.Die Fischerhütten am Seeufer sind an fast allen bayerischen Seen gut erhalten – weil Sie für die Fischerei unabdingbar sind, werden sie jährlich ausgebessert und repariert. An manchen Seen finden sich außerdem noch historische Räucherkammern. Die Räucherkammer im Fischerhaus in St. Bartholomä am Königssee ist beispielsweise ca. 400 Jahre alt.Die Fischereigenossenschaften verfügen außerdem über diverse Relikte und Originaldokumente aus den Zeiten der Zunft: Die Genossenschaft am Ammersee bewahrt die Zunftlade, zu der jeder der beiden Zunftmeister einen Schlüssel hatte und die nur von beiden gemeinsam geöffnet werden konnte. Die Versammlungen wurden ehemals „vor geöffneter Lade“ gehalten: sobald die Lade geöffnet war, hatte die Versammlung „Kraft und Macht“ und es mussten spezielle Verhaltensregeln eingehalten werden. Vor offener Lad wurde Streit geschlichtet und Recht gesprochen, es wurden die Fischersöhne der Zunft vorgestellt, um ihre Lehren zu beginnen, Lehrlinge von außerhalb wurden aufgenommen oder freigesprochen, und das Vermögen der Zunft wurde in Form von Wachs und Geld „in die Lad bezahlt“.  Die Dokumente umfassen unter anderem das Handwerksbuch, die Gründungsurkunde der Fischerzunft und das Totenbuch der Bruderschaft der Ammerseefischer, in das seit 1734 bis zum heutigen Tag alle verstorbenen Fischerinnen und Fischer eingetragen werden. 

Autor der Karteikarte

Munich University of Applied Sciences - - Florian Ortanderl

Wissenschaftlicher Leiter

Prof. Dr. Thomas Bausch

Veröffentlichungsdatum

13-JUN-2018 (Florian Ortanderl)

Letzte Aktualisierung

13-JUN-2019

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